Kurzpredigt bei der Abendmesse am Fest des hl. Rupertus, 24. Sept. 1942

„Zu Salzburg in Norikum das Fest des hl. Bischofs und Bekenners Rupertus. Re hat bei den Bayern und Norikern das Evangelium mit staunenswertem Erfolg verkündet.“ So schreibt das Martyrologium, das Heiligenbuch der Kirche kurz und bündig zum heutigen fest:

Rupertus, der Apostel des Salzburger Landes! Jedes Land und jedes Volk und jeder stamm ist stolz auf seinen Glaubensboten. Sollten wir es nicht sein? Durch Jahrhunderte war es in unserem Lande brauch, aller, heiliger Brauch, das Fest des hl. Rupertus festlich zu begehen. Heuer war dieser Tag wie in den paar vergangenen Jahren ein Werktag. Aber am Abend des heutigen Tages wollten wir uns noch einmal um den Altar versammeln, um uns auf Sinn und Bedeutung des heutigen Festes zu besinnen:

Und Sinn und Bedeutung des heutigen Tages ist:

1. Einmal Dankbarkeit dem, der unserem Land und unserem Volk den Glauben brachte: Rupertus!

2. Treue dem, von dem unser Land und unserem Volk Rupertus Kunde brachte: Christus!

Dem hl. Rupertus schulden wir Dankbarkeit: Er hat ja unserem Volk und unserem Land das Größte und Wertvollste gebracht: wahren Glauben und echte, christliche Kultur.

Es war Nacht in unserem Gau, bevor Rupertus hierher seine Schritte lenkte. Heute will man das nicht mehr glauben, aber an der Tatsache kommt man nicht herum, die Berichte, die uns zuverlässige Quellen liefern sprechen zu klar von dieser Nacht des Heidentums, der Sittenlosigkeit und des kulturellen Tiefstandes, in welchem sich die Bewohner unserer Gegenden damals befanden. Dann kam Rupertus mit seinen Begleitern. Und sie erst brachten Licht in die Finsternis! Rupertus brachte den christlichen Glauben und damit christliche Sitte und damit christliche Kultur.

Es war mühsame, opfervollste Missionsarbeit, die Rupertus da auf sich nahm. Aber er war getrieben vom Seeleneifer. Er wollte mit dem Talent des Glaubens, das ihm in seiner bereits christlichen, fränkischen Heimat anvertraut worden war, wuchern, bis er am Ende seiner Tage zu Christus dem König sprechen konnte: sieh, Herr, 5 Talente hast du mir gegeben. Andere 5 habe ich dir dazu erworben. Rupertus, in dessen Adern das Blut der Frankenkönige pulste, wusste sich dem König der Könige Christus verpflichtet, der einst zu seinen Jüngern gesprochen hat: Geht hinaus in alle Welt und lehret alle Völker... Er verließ Familie und Heimat und zog hinaus um auch anderen Menschen und Völkern das Licht der Wahrheit, das Glück des Glaubens zu bringen.

Erst kam er nach Regensburg im Bayernland, zum Herzog Theodo. Voll apostolischen Geistes widmete er sich da mit allem Eifer und aller Kraft seinem heiligen Beruf, verkündete die Lehre des Heiles, erleuchtete und erwärmte die Herzen der durch das Heidentum verrohten Bayern am Donaustrand. Er taufte den Herzog mit Kind und Hofgesind und viele Große des Reiches. Das Beispiel des Herrschers wurde maßgebend für viele Untergebene. Rupertus zog dann lehrend und taufend weiter die Donau hinab bis zum alten römischen Lauriacum, wo einst vor der Völkerwanderung christliches Leben geblüht hatte. Hier richtete Rupertus die verfallenen Kirchen wieder auf und versah sie mit Priestern. Von da zog Rupertus weiter auf der alten Römerstraße aufwärts bis hierher zum Wallersee, wo er den Fischern und Jägern und Bauern die Frohbotschaft verkündete. Im nahen Seekirchen baute er als Stützpunkt seiner Missionstätigkeit eine Kirche, die er bezeichnenderweise dem Apostelfürsten Petrus weihte, weil er wusste, dass nur in kindlicher Treue zu Petrus und seinem Nachfolger, der wahre Glaube blühen und wachsen kann.

Hier hörte dann Rupertus von der alten, in Schutt und Trümmer versunkenen Römerstadt Juvavia an der Salzach. Hier schlug er wie ein weitblickender Feldherr sein Hauptquartier auf. Er räumte mit seinen Gehilfen Schutt und Trümmer weg und baute Stift und Kirche St. Peter; jenes Zentrum kirchlichen Lebens, von dem für Jahrhunderte das Glaubenslicht ausstrahlen sollte in die abgelegensten Gebirgstäler, in die Berge und Ebenen unseres Landes. Dazu bildete er noch Brückenköpfe, Stützpunkte, von denen aus die Christianisierung des Landes und des Volkes weitergetragen werden sollte bis hinab nach Kärnten und Steiermark, ja bis hinunter nach Ungarn. Rupertus, der Glaubensbote! Wir verdanken ihm das Licht der Wahrheit, durch das die Finsternis des Unglaubens und Aberglaubens in unserem Land verdrängt wurde. Wir verdanken ihm den kulturellen Aufstieg unseres Landes: Rupertus, der Glaubensbote, ist auch der Gründer unserer Stadt Salzburg. Das Salzfass, mit dem er seit Jahrhunderten dargestellt wird, deutet darauf hin: Die Mönche, die mit Rupertus ins Land zogen, rodeten die Wälder, unterrichteten die rohen, ungebildeten Menschen und führten sie zu einem arbeitsamen, sinnvollen Leben, brachten wirtschaftlichen Aufstieg und Kultur.

Und wenn man es heute noch so sehr versucht, zu leugnen, was Rupertus und die Seinen für unsere Heimat Großes getan, wir wollen es in tiefer Dankbarkeit und stiller Verehrung nie vergessen. Nicht wie undankbare, schlecht erzogene Kinder wollen wir uns benehmen, die vergessen, was sie ihren Eltern, Vater und Mutter, verdanken. Wir wollen es nie vergessen, dass das vierte Gebot auch hier seine Geltung hat: Du sollst Vater und Mutter ehren, auf dass es dir wohl ergehe auf Erden! Wir sollen in Dankbarkeit unseren Apostel und Glaubensboten Rupertus ehren und unsere Mutter, die Kirche, der wir es zum Großteil verdanken, dass in unserem Lande Bildung und Kultur durch Jahrhunderte blühten.

Das also ist der erste Sinn des heutigen Tages: Rückbesinnung auf das, was wir unserem Apostel und Glaubensboten, dem heiligen Rupertus verdanken: Er war für unsere Vorfahren und für unser Land Künder der Wahrheit, Bringer des Lichtes, so wie es die Kirche in den Tagzeiten des Breviers heute singt: „Der Herr und Heiland Jesus Christus hat unser Volk durch seinen Diener Rupertus zu wunderbarem Lichte berufen.“

Rupertus hat wie eine strahlende Leuchte auf hohem Kandelaber das Licht Christi über die Grenzen Norikums ausgestrahlt!

Und der zweite Sinn des heutigen Tages: Es sei nicht bloß Dankbarkeit für das, was uns Rupertus brachte, es sei vor allem auch unverbrüchliche Treue zu dem was er uns brachte: Treue zum wahren Glauben, Treue zu Christus!

Das Licht, das Rupertus in den Herzen unserer Vorfahren entzündete, hat ihnen geleuchtet auf dem Weg durch dieses kurze Erdenleben. Und in diesem Lichte, im Lichte des wahren Glaubens gingen sie sicher und unbeirrt den Weg zur ewigen Heimat. Heute nach so vielen christlichen Jahrhunderten, die über unser Land und unser Volk hinwegzogen, soll auf einmal dieses Licht, das Rupertus entzündet, ein Irrlicht geworden sein? Heute auf einmal meint man, man brauche den nicht mehr, der allein sagen konnte: ich bin das Licht der Welt! Heute auf einmal meint man von dem weit wegrücken zu müssen, zu dem unser hl. Rupertus Volk und Land geführt hatte, da er im Lichte des Glaubens erkannte, dass nur Christus Worte des ewigen Lebens hat!

Und unsere Ahnen, die treu zum hl. Glauben und treu zu Christus standen, sind auf einmal hinterwäldlerische Dummköpfe.